Praxisorganisation
Die Organisation einer Praxis und vor allem des Sprechstundenablaufes (als zentrales Leistungselement) ist ein komplexes Wechselspiel vielerlei Faktoren. Es gibt gesetzliche Vorgaben zu beachten, medizinische Notwendigkeiten ebenso wie die Wünsche der Angestellten (wichtig für das Arbeitsklima) und natürlich die Anforderungen der Patienten.
In letzter Zeit werden verstärkt Beschwerden geäußert – Kernthema ist die Dauer der Wartezeit im Wartezimmer. Um auch diesen Punkt in der Praxis transparent zu gestalten, soll Sie dieser Artikel über die Organisation der Sprechstunde unserer Praxis informieren und dazu beitragen ein Verständnis dafür zu schaffen, das eben nicht die Dauer der Wartezeit die Qualität der Praxis ausmacht (kurz gewartet – guter Arzt / lang gewartet: schlechtester Arzt aller Zeiten!)
Wie schon erwähnt gibt es viele Faktoren, die zu beachten sind. Um einen Praxisindividuellen Weg zu finden, der auch Ihnen als „roter Faden“ dient, müssen zwangsläufig Prioritäten gesetzt werden. Für uns haben wir folgende Abfolge definiert:
- gesetzliche Vorgaben: Ein Mißachten ist strafbar!
- medizinische Notwendigkeiten: Notfälle vor Routine, dringende (zeitkritische) Anliegen vor Routine, Routine vor Anfragen der Krankenkassen / Rentenversicherer – um nur einige Beispiele zu nennen!
- Das Rückgrat der Praxis: Die Angestellten – meine Frau als Krankenschwester und die MFAs (med.Fachangestellten). DIese Menschen betreuen sie im täglichen Umgang – Rezepte, Verordnungen, Terminwünsche u.v.m. Damit Sie gut betreut werden, mit Engagement und Individualität, ist es unbedingt wichtig, dass dieser Personenkreis sich bei der täglichen Arbeit wohlfühlt und diese gerne tut – in der Vergangenheit haben wir oft Gegenteiliges erlebt – langjährige Patienten werden sich erinnern!
- Patientenwünsche (nach z.B. kurzer Wartezeit, maximaler Behandlung mit wenig Eigenverantwortung in kürzester Zeit)
- Persönliche Ansprüche an meine Arbeit – die des Arztes.
Wie Sie sehen, eine übersichtliche Liste – die es aber in sich hat! Im Folgenden möchte ich auf einige „Stolpersteine“ aufmerksam machen:
Was ist ein Notfall?
Für Definitionen hat sich „Wikipedia“ als fundierte Nachschlagequelle etabliert. „Notfälle“ werden zunächst nach Art unterschieden – im Folgenden die Definition des „Medizinischen Notfalls“:
„Als medizinische Notfälle gelten im Rettungswesen insbesondere solche Fälle, bei denen es zu einer bedrohlichen Störung der Vitalparameter Bewusstsein, Atmung und Kreislauf oder der Funktionskreisläufe Wasser-Elektrolyt-Haushalt, Säure-Basen-Haushalt, Temperaturhaushalt und Stoffwechsel kommt. Ohne sofortige Hilfeleistung sind erhebliche gesundheitliche Schäden oder der Tod des Patienten zu befürchten.“
Beispiele aus der Praxis:
39° Fieber seit 3 Tagen, Husten, Schnupfen, Gliederschmerzen, problemloses Bewältigen der Stufen in die Praxis (1. Stock), allgemeines Schwächegefühl = KEIN Notfall. Dieser Patient ist krank, aber nicht im Leben bedroht, Herz Kreislauf bewältigen die Anforderungen des Alltages (Treppensteigen ein Stockwerk)
Pat. steht am Tresen, kreidebleich, kann kaum Sprechen, Luftnot, fühle sich seit 2 Stunden nicht gut, Schmerzen in der Brust, Herzrasen = Notfall, sofortige Betreuung (nicht unbedingt vom Arzt!) notwendig.
Pat. hat Brustschmerzen, Ausstrahlend in li Arm und Hals, Übelkeit, Schwitzen, steht am Tresen und antwortet auf die Frage: „Was können wir für Sie tun?“ „Ich muß nur kurz mit dem Arzt sprechen!“ = Notfall, aber: Nur wer am Tresen kurz umreißt, worum es geht, dem kann schnell die nötige Hilfe zukommen! Viele Patienten wollen aber nicht „verraten“ worum es geht – schnelle Hilfe ist dann leider nicht möglich!
Privatpatienten
Wie Sie unseren Prioritäten entnehmen können, unterscheiden wir in keinem Punkt zwischen Privat- und Kassenversicherten. Die Art der Versicherung spielt in unserer Praxis keine Rolle! Es gibt keine „2.Klasse Patienten!“. Die Art der Versicherung beeinflusst auch nicht die ärztliche Entscheidungsfindung. Wir sind alle Menschen, die Krankheiten sind gleich und die Versorgung derselben auch!
Termine
Termine dienen der Koordination absehbarer Arztvorstellungen (Befundkontrollen, Besprechung von Untersuchungsergebnissen, aber auch krankhafte Zustände die längere Zeit andauern (Wochen oder Monate)). Natürlich kommt Krankheit meist spontan – in diesem Fall Kommen Sie vorbei – auch ohne Termin! Sog. „Notfalltermine“ sind ein Widerspruch in sich (s.a. „Notfall“) und werden in der Praxis nicht angeboten! Beim Betreten der Praxis schätzen wir (anhand der von Ihnen gemachten Angaben) Ihre Situation ein, das bestimmt am Ende die Länge der Wartezeit!
Wer kommt wann dran?
Terminpatienten kommen (in der Regel) zum vereinbarten Termin dran, Patienten ohne Termin nach Schwere der Erkrankung. Ein „Mitzählen“ („noch 3 vor mir“) funktioniert bei unserer Praxisorgansation nicht! Und nicht alle Patienten warten auf das Gleiche: Die einen nehmen kurz Platz, während etwas ausgedruckt wird, andere benötigen eine Blutabnahme im Labor oder warten auf ein EKG und auch ein Teil wartet auf die ärztliche Sprechstunde. Dementsprechend gibt es in der Praxis derzeit 3 Terminpläne, die parallel getaktet sind und sich auf die verschiedensten Anlässe beziehen!
Aber: Unverhofft kommt oft
Zum Abschluß dieses Beitrages möchte ich gerade diejenigen, die oft ungeduldig sind und die innere Einstellung haben „Mir geht es am schlechtesten!“ darauf hinweisen, dass die hausärztliche Praxis aber immer wieder auch mit unvorhersehbaren Ereignissen zurechtkommen muss, die die Wartezeiten sehr schnell ausufern lassen können:
Ein Patient mit einem akuten Herzinfarkt in der Praxis verschiebt die ganze weitere Praxisorgansiation um 30-60 Minuten.
Ein Patient mit Schlaganfall zu Hause (z.B. Anruf im 08.30 Uhr des Pflegedienstes mit Hinweis auf hängenden Mundwinkel und Lähmungen) verschiebt die weitere Organisation um 60-90 Minuten.
Ein Patient mit akuter allergischer Reaktion (Wespenstich z.B.) verschiebt den Praxisablauf um 30-45 Minuten.
Glücklicherweise kommt das nicht oft vor und stellt die Ausnahme dar – unser Bestreben ist, die Wartezeiten so gering wie möglich zu halten. Manchmal dauert es aber leider – manche Dinge sind für uns auch nicht planbar!
Ich hoffe, mit diesem kurzen Einblick, Ihnen unsere Abläufe etwas näher gebracht zu haben und freue mich aber auch über konstruktive Kritik. Wenn Sie einmal nicht mit der Länge Ihrer Wartezeit einverstanden sind, lassen Sie uns darüber reden – wir erklären uns gerne!
Und übrigens:
Ärztlicherseits nehme ich mir Zeit, JEDER Patient wird anständig untersucht, mit jedem das Krankheitsbild und die Therapie besprochen. Eine „5-Minuten-Medizin“ kenne und praktiziere ich nicht!
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